Frische Ideen angewandt

Frankfurter

Zukunfts

Kongress

28.09.2021

Ein Quantensprung für den Verkehr

Jürgen Schultheis und das HOLM Frankfurt

Frachtschiffe auf hoher See, Flugzeuge vor Schlechtwetterzonen und autonome Rufbusse auf dem Land – sie alle profitieren von der nächsten Kaskade der IT-Revolution. Davon ist jedenfalls Jürgen Schultheis überzeugt, Cluster-Manager Hessen Mobility im HOLM. Lesen Sie mehr über seine Konferenz am 8. November.

 

Herr Schultheis, Sie haben am 13. September im HOLM die Konferenz „Zukunftsfähige Mobilität in einer lebenswerten Stadtregion“ veranstaltet und ein sehr positives Fazit gezogen. Warum?

Die Beteiligung an der Konferenz, physisch wie virtuell, hat uns positiv überrascht, wobei wir am 13. September eindrucksvoll bestätigt bekommen haben, welche Bedeutung physische Präsenz in einem zunehmend digitalisierten Arbeitsumfeld hat. Aber Präsenz ist kein Selbstzweck. Die zahlreichen positiven Rückmeldungen belegen, dass die Partner der Konferenz mit dem Konzept der Veranstaltung eine Lücke füllen, nämlich aus Sicht der Kommunen, unseren Lebensorten, die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu eruieren und Hinweise und Anregungen zu geben, wie wir eine zukunftsfähige Mobilität in lebenswerten Stadtregionen aufbauen können. Je mehr Blickwinkel wir dabei berücksichtigen, umso besser fällt das Ergebnis aus. Deshalb kooperieren die Akademie für Raumentwicklung, das Deutsche Architekturmuseum, die Hochschule für Gestaltung, der Frankfurter Zukunftskongress, das Fachzentrum nachhaltige urbane Mobilität des Landes Hessen, der Regionalverband, die VGF und die Stadt Oberursel, weil wir die Kompetenz, die Erfahrungen und die Netzwerke der Beteiligten brauchen, um gesellschaftlich, ökologisch wie ökonomisch tragfähige Lösungen erarbeiten zu können. Eine ausschließlich technologische Orientierung, wie sie gerade von manchen Veranstaltern präferiert wird, ist nicht zielführend. Weshalb wir uns freuen, wenn der Hessische Städtetag und die Association for European Transport vom nächsten Jahr an aktiv dabei sein werden. 

 

Aktuell kann man den Eindruck gewinnen, dass sich vieles wieder in die falsche Richtung entwickelt. Die CO2 – Emissionen steigen wieder - mit dem signifikant hohen Anteil des Individual-Verkehrs. Warum sind Sie so zuversichtlich, dass wir das gedreht bekommen? Was sind Ihre Mutmacher für uns?

Kinder und Jugendliche vor allem und eine wachsende Zahl von UnternehmerInnen und PolitikerInnen, die die Herausforderungen annehmen. Und die sind gewaltig. Ob es der aktuelle Synthesebericht der Weltklimarates ist, das jüngst veröffentlichte Statement von „United in Science 2021“ oder der neue Groundswell-Report der Weltbank: Sie alle belegen, wie dramatisch die Lage ist, weil der Temperaturanstieg über der Landmasse inzwischen bei 1,59 °C liegt, die Meere auf Jahrhunderte, womöglich Jahrtausende mit allen negativen Folgen versauert sind und wir bis 2050, darauf weist die Weltbank hin, mit mehr als 250 Mio Klimaflüchtlingen rechnen müssen, sofern wir nicht schnell und entschlossen umsteuern. Alle wichtigen Stellschrauben drehen sich unverändert in die falsche Richtung, hat der Präsident des Deutschen Wetterdienstes und der Weltorganisation für Meteorologie, Prof Dr Gerhard Adrian, im März 2020 gesagt und angefügt: Die Menschheit hat die Sturmglocke bisher noch nicht hören wollen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Kinder von heute zwei- bis siebenmal mehr Wetterextreme erleben werden als ihre Großeltern, worauf das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung in diesen Tagen hingewiesen hat. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat auch aus diesen Gründen im vergangenen Jahr deutlich gemacht, dass für die deutsche Nachhaltigkeitspolitik die kommende Legislaturperiode 2021 bis 2025 von beispielloser Bedeutung sein wird. Je entschlossener Kinder und Jugendliche, PolitikerInnen und UnternehmerInnen auf diese Herausforderungen reagieren, umso wahrscheinlicher wird es, dass wir die schlimmsten Folgen des Klimawandels verhindern können.

 

Am 8.11. zünden Sie schon die nächste Rakete: mit der Konferenz „Quantencomputing in Aviation, Logistik und Mobilität“. Was erhoffen Sie sich von dieser neuen Technologie für den Verkehrssektor?

Quantum-Computer bieten dort ungeahnte Möglichkeiten, wo es um die Auswertung sehr großer Datenmengen in Realzeit und wo es um Optimierungen geht. In unserem „Zukunftsbild Logistik und Mobilität in Hessen 2035“, das wir mit unseren KollegInnen von Fraunhofer IML erarbeitet und 2016 vorgestellt haben, hatten wir bereits auf die Technologie hingewiesen. Heute können Quantenrechner die optimale Geschwindigkeit für Frachtschiffe auf hoher See kalkulieren, die beste Route für die Umfliegung von Schlechtwetterzonen im Luftverkehr berechnen oder in naher Zukunft die Routen für autonome Rufbusse in Realzeit bestimmen, was Angebot und Qualität des ÖPNV vor allem in ländlichen Regionen in einem bislang ungekannten Maße erhöhen wird. Stellen Sie sich vor, dass Sie in Bellersheim, Ettinghausen oder Gleimenhain, also mitten in Hessens wunderschöner Landschaft, aber abseits der Kernstädte, rund um die Uhr nicht länger als 15 Minuten auf ihren Bus warten müssen? Das macht das Auto in ländlichen Regionen zwar nicht gänzlich, aber doch häufig überflüssig, reduziert den motorisierten Individualverkehr, schafft mehr Ruhe in den Orten und entlastet die Umwelt. Darin liegen die großen Chancen des Quantum-Computings im Verkehr: Er schafft ökonomische wie ökologische Vorteile. Vor allem brauchen die Quantenrechner deutlich weniger Energie als ihre digitalen Kollegen, was nicht nur für den Standort Frankfurt von Bedeutung ist. 

 

Und warum gehört dieses Thema aus Ihrer Sicht gerade nach Frankfurt?

Frankfurt ist seit Jahren die Welthauptstadt des Datenaustauschs, an keinem Ort der Welt fließen mehr bits und bytes. Die Metropolregion FrankfurtRheinMain ist zudem ein exzellenter Standort für Rechenzentren, verfügt über eine stabile Stromversorgung und garantiert hohe Sicherheitsstandards, was viele internationale Unternehmen zu schätzen wissen. Mit der Software AG und der TU Darmstadt haben wir Big Player vor Ort, mit der Logistik- und Mobilitätsbranche, mit Banken, Versicherungen und der Chemieindustrie bedeutende Sektoren, in denen es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, Quanten-Rechner mit großem Erfolg einzusetzen. Frankfurt ist prädestiniert für diese Konferenz. Und die Veranstalter, neben den Cluster@HOLM das PlanQK-Konsortium unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Leymann in Stuttgart, das Technologieland Hessen, das House of Digital Transformation in Darmstadt, das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung in Berlin und der Frankfurter Zukunftskongress, haben in Deutschland als erste erkannt, welche Chancen das Quantum-Computing im Verkehrssektor hat. In Frankfurt wird Zukunft gemacht und nicht nur darüber geredet.

 

Zur Jahreskonferenz Cluster@HOLM am 08.11.2021

 

Jürgen Schultheis ist Senior Manager Cluster Mobility in der House of Logistics and Mobility (HOLM) GmbH und Verantwortlicher für das HOLM-Handlungsfeld „Energie, Klimawandel & Verkehr“.

 

House of Logistics & Mobility (HOLM) GmbH
Bessie-Coleman-Straße 7
60549 Frankfurt
+49 (69) 240070-0
info@frankfurt-holm.de
http://frankfurt-holm.de/

Twitter: @HOLM_Ffm
Linkedin: House of Logistics & Mobility (HOLM) GmbH

Fotos Jürgen Schultheis: Andreas Arnold
Foto Holm: HOLM Frankfurt