Rechenzentren: MEHR als „nur Mehr“!
Michael Krtsch plädiert für mehr Mut zum transformativen Tun – vor allem in Hinblick auf Rechenzentren. Vor dem Hintergrund des künftigen voraussichtlich hohen Stromverbrauchs sollten die Rechenzentren seiner Meinung nach mehr in die Pflicht genommen werden. Für ihn sind Rechenzentren vor allem eine potenzielle Wärmequelle, deren Möglich-keiten bis jetzt zum Großteil unerkannt geblieben sind. Doch im Idealfall können Rechenzentren durchaus zu langfristigen und nachhaltigen Infrastrukturen beitragen.
MEHR als „nur Mehr“!
Ja, Sie lesen richtig. MEHR in einer Zeit, wo uns doch eher die täglichen Schlagzeilen von drastischer Einsparung ins Auge springen. Als da wären: weniger Energieverbrauch, weniger Konsum, Verzicht und Mangel aller Orten. Doch zu MEHR als „nur Mehr“ braucht es gar nicht so viel. Was uns fehlt, ist der Mut, die Offenheit, die Ehrlichkeit und die Motivation zum transformativen TUN. Mein Beispiel: Rechenzentren in der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main. Täglich stoßen wir auf Nachrichten, die eindrücklich thematisieren, wie wichtig die Verbindung von Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist; die gleichzeitig behaupten, dass man doch auf einem sehr guten Wege sei im Hinblick auf die Abwärmenutzung und den Bezug von regenerativem Strom. Solche Ansichten verbreiten die Branche und ihre Verbände in einer wachsenden Zahl von öffentlichen Veranstaltungen, und am Ende sind sich (fast) alle einig.
Ist das das MEHR, von dem ich schreibe? Nein! Das ist „nur Mehr“! Gerne begründe ich am Beispiel der Abwärmenutzung meine These: Die geplanten rund 1.300 Neubauwohnungen sowie Gewerbeeinheiten am südwestlichen Rand des Frankfurter Gallusviertels mit einem Jahresbedarf von 4.000 Megawattstunden (MWh) werden künftig zu mindestens 60 Prozent aus der Abwärme des benachbarten Rechenzentrums von Telehouse versorgt. Die Initiatoren des Projektes werden in den Medien sehr gerne gehört. Zu Recht. Sie besitzen einen enormen Sachverstand dank langjähriger Berufserfahrung. So wird das Projekt im Gallus gerne als Leuchtturm bezeichnet.
Potenzielle Wärmequelle
Aber aus meiner Sicht muss hier MEHR möglich sein! Warum? Ganz einfach: Der jährliche Gesamtstrom-verbrauch der Rechenzentren in Frankfurt lag 2021 bei rd. 1,9 Terrawattstunden (1.900.000 MWH). Nun fallen pro MWh an verbrauchtem Strom rd. 0,46 MWh nutzbare Abwärme an, also 874.000 MWh. Demzufolge hat das o.a. Projekt einen Anteil an der rechnerisch anfallenden Abwärme in Frankfurt von sage und schreibe 0,27%! Rechenzentren sind langfristige und idealerweise nachhaltige Infrastrukturen, die im Regelfall für 20 bis 30 Jahre an einem Standort betrieben werden. Perspektivisch werden sie wegen ihrer zunehmenden Anzahl und Größe immer interessanter für Wärmenetzsysteme, sprich: als Wärmequelle. Vor dem Hintergrund der künftigen Stromverbräuche, den Herausforderungen des Klimaschutzes und der Klimafolgenanpassung sowie der langfristigen Nutzungsdauer von Immobilien als Rechenzentren sollte MEHR Abwärmenutzung als 0,27% möglich sein oder?
Natürlich muss in diesem Kontext auch über Infrastruktur, strategische Wärmeplanung und zukünftige Regional-, Stadt- und Flächenplanung nachgedacht werden, bzw. noch besser umgesetzt werden. Unsere Kinder und Enkel werden uns sehr dankbar sein, für den Mut zum transformativen Tun. Ich glaube, es ist an der Zeit, sich systemisch mit den Herausforderungen der Zukunft auseinanderzusetzen! Und wo? Auf dem 2. Frankfurter Zukunftskongress haben Sie die Gelegenheit dazu. Inspiriert von den Gedankengängen und Überlegungen von Prof. Dr. Maja Göpel und Prof. Dr. Volker Mosbrugger, können Sie in dem Denkraum „Rechenzentren – digitale Nagelprobe für die Region“ Ihre Kooperationskompetenz, Ihren Mut zur Transformation und Ihr Wissen mit den Vordenkern teilen, diskutieren und so aktiv Zukunft gestalten.